• Frage: Was halten Sie von klimaneutralen Studieren?

    Frage gestellt LenaR am 15 Mrz 2022.
    • Foto: Volker Stelzer

      Volker Stelzer Beantwortet am 15 Mrz 2022:


      Liebe Lena, das ist nicht so einfach. Viele klimaschädliche Emissionen stammen von der Uni wie z.B. die Heizung, der Energieverbrauch für das Licht, die Maschinen, den Beamer. Aber natürlich kannst du als Studierende auch selbst einiges tun, um den eigenen CO2-Fußadruck möglichst klein zu halten. Zu den effizientesten Maßnahmen gehört es die Wege zur Uni zu Fuß oder mit dem Rad zurück zu legen und für weitere Fahrten zu den Eltern oder in den Urlaub nicht das Flugzeug oder Auto nehmen, sondern mit dem Zug zu fahren. Das gleiche gilt für Studienaufenthalte im Ausland.
      Alle CO2-Emissionen, die du verursachst, solltest du kompensieren auf einem Kompensationsportal wie z.B. atmosfair.
      Ein weiterer, sehr wichtiger Bereich ist die Ernährung. Sie sollte so wenig wie möglich auf tierischen Erzeugnissen beruhen. In vielen Mensen ist das heute schon möglich. Da die allermeisten Produkte, die man kaufen kann durch Einsatz von fossilen Energieträgern hergestellt werden, solltest du den Neukauf von Produkten möglichst gering halten. Besser überlegst du, ob man das Teil wirklich benötigt, wenn ja, ob man nicht ein altes reparieren oder ein gebrauchtes kaufen kann.

    • Foto: Andreas Braun

      Andreas Braun Beantwortet am 15 Mrz 2022:


      Hi Lena, um ehrlich zu sein, habe ich mir dazu noch gar nicht so viele Gedanken gemacht. Der Impuls kam jetzt von dir. Danke dafür!

      Ich glaube, es ist unmöglich, wirklich 100% klimaneutral zu studieren. Denn was würde das bedeuten? Alle Energie, die in der Universität verbraucht würde, müsste komplett emissionsfrei sein. Jedes Essen in der Uni-Mensa auch. Der Transport zum Campus dürfte keine Emissionen verursachen. Und wie würde es im Studierendenwohnheim aussehen? Auch dort dürften keine Emissionen generiert werden. Das ist praktisch nicht umsetzbar.

      Ich glaube, 100%ige Klimaneutralität von Produkten, Prozessen, Lebensweisen etc. ist ein selten erreichtes Ideal. Das Ziel muss vielmehr sein, wo immer möglich Emissionen zu reduzieren. In der Rolle des Studierenden ist das gar nicht so einfach, denn auf die Art, wie z.B. die Uni mit Energie umgeht, hast du ja kaum einen Einfluss. Es macht also mehr Sinn, einfach bei der eigenen Lebensführung anzusetzen. Emissionsarmer Transport, Ernährung, Lebensweise. Unter Umständen Emissionsneutralisierung. Darauf hat man selbst einen unmittelbaren Einfluss. Dort kannst du selbst handeln und verlässt dich nicht auf andere (z.B. deine Uni).

    • Foto: Maren Nattermann

      Maren Nattermann Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten: ich bin Biochemiker und arbeite in einem Labor. Wenn ich mal auf meinen Arbeitsplatz schaue, ist das ein ziemlich trauriger Anblick, was meinen CO2-Fußabdruck angeht.

      Sehen wir uns mal Mediziner an. Wenn ein Arzt zum Beispiel eine Nadel zum Blutabnehmen nutzt, kommt diese in einer luftdichten Plastikverpackung und besteht selbst zu einem großen Teil aus Plastik. Warum? Weil Plastik sehr gut zu säubern ist. Damit wird verhindert, dass beim Patienten Keime in die Blutbahn kommen, was tödlich enden kann. Und danach wird die Nadel sofort weggeworfen. Es ist verboten, diese Nadeln zu sammeln, zu säubern und wiederzuverwenden, weil einfach nicht garantiert werden kann, dass das letzte bisschen Verunreinigung danach verschwunden ist.

      Ich kann eigentlich gar nicht genug betonen, wie sehr Sterilität und Verbrauchsmaterial aus Plastik die Medizin revolutioniert haben. Damit wurden endlose Leben gerettet.

      Aber natürlich schießt das den CO2-Fußabdruck jedes Mediziners ins Unvorstellbare herauf. Und das ist nicht einfach zu ändern.

      Bei uns Biologen ist das ähnlich. Wir müssen auch oft steril arbeiten, damit unsere Proben nicht kontaminiert werden. Ohne unser Verbrauchsmaterial aus Plastik wäre das sehr schwer zu gewährleisten. Und ich arbeite an CO2-Fixierung! Wir versuchen, dem Klimawandel entgegen zu wirken. Es hat eine gewisse Ironie.

      Was wir im Labor tun, um etwas weniger zu verbrauchen: wir versuchen, so viele Gegenstände wie möglich wiederzuverwenden, wo wir können – Pipetten und Behältnisse sind oft aus Glas und können gespült und wiederverwendet werden. Im Gegensatz zu den Medizinern können wir uns das leisten, weil wir keine Menschenleben gefährden.

      Aber einige Dinge können wir nicht ändern, und werden es nie können. Es gibt Vorschriften für die Entsorgung von biologisch gefährlichem Material – gentechnisch veränderte Organismen oder gefährliche Bakterien und Viren müssen erst hocherhitzt und damit getötet werden, bevor sie verbrannt werden. Das gilt auch für alle Verbrauchsgegenstände, die damit in Kontakt gekommen sind. Wir verbrauchen also für jeden Müllbeutel das doppelte an Energie, und setzen am Ende eine Menge CO2 frei.

      Ich glaube also nicht, dass du Biologie oder Medizin studieren kannst, und dabei wirklich klimaneutral bleiben kannst. In diesen Mengen kannst du den CO2-Fußabdruck auch nicht ausgleichen, dafür wirst du das Geld wahrscheinlich gar nicht haben. Das kommt alles noch zu den Punkten hinzu, die die Kollegen bereits erwähnt haben.

      Aber: es ist wichtig, dass einige von uns diese Studienfächer wählen. Wir brauchen Ärzte, wir brauchen medizinische Forschung, und wir werden biologische Systeme brauchen, um dem Klimawandel entgegen zu wirken.

      Lass dich bitte nicht von einer CO2-Bilanz abschrecken, wenn du dir Studienfächer ansiehst.

    • Foto: Luca Schmidt

      Luca Schmidt Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Kann mich da nur den anderen anschließen. Meiner Erfahrung nach sind Universitäten bisher nicht gerade die Vorreiter beim Thema Klimaschutz und das gilt selbst bei Instituten, die sich speziell auf Klimaforschung fokussieren. Angefangen bei den Mahlzeiten, über Dienstreisen (die häufig auch ohne große Not zur Flugreise werden) bis hin zu der ganzen Energie, die von den Rechenzentren, Laboren und normalen Gebäuden benötigt wird, gibt es hier noch viel Luft nach oben. Das haben aber auch Universitätsleitungen und Studierende bemerkt und gerade von studentischer Seite her gibt es vielfältige Initiativen, die unsere Universitäten nachhaltiger machen sollen. Man muss ja auch immer im Hinterkopf behalten, dass Universitäten a) zu großen Teilen vom Staat finanziert werden und b) demokratische Strukturen besitzen. So können sowohl die Gesellschaft als Ganzes, als auch Studierende und Mitarbeiter:innen Einfluss auf Entscheidungsprozesse nehmen und so die Klimabilanz des Studiums verbessern.

    • Foto: Elsa Tulmets

      Elsa Tulmets Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Ganz Klimaneutral zu studieren ist nicht so einfach. Universitäten verbrauchen viel Energie (Licht, Heizung, Beamer, usw…), der Weg zur Uni muss in der Tat bedacht werden, das Essen in der Kantine und der Verbrauch von Wasser sind auch wichtige Themen, wie Kolleg.innen schon erwähnt haben.
      Viele Universitäten überlegen deshalb, wie sie eine sinnvolle Strategie entwickeln können, um nachhaltig weiter zu funktionieren – sowohl auf der Seite der Lehrenden als auch der Studierenden, besonders in Zeiten, wo die Technik eine größere Rolle im Studium spielt. Das kann man manchmal schon auf der Webseite der Universitäten entdecken, manche haben sogar eine Zertifizierung, dass sie nachhaltig funktionieren.
      Das Thema Nutzung der (neuen) Technologien ist auch ein wichtiges Thema. Wir haben uns letztes und dieses Jahr im Rahmen eines deusch-französischen Programms zum Thema „Umwelt und Digitales“ mit Studierenden überlegt, inwieweit die Technologie, die in unserem Leben und besonders im Leben der jüngeren Generationen nicht mehr weg zu denken ist, Umwelt- oder Klimaschonender benutzt werden kann. Es fängt zum Beispiel mit dem Konsum der Technik (Handy, Computer…) an. Heutzutage wechseln junge Leute oft ihr Handy oder Ihren Computer, aus verschiedenen Gründen. Aber bei der Herstellung von jedem Gerät werden „seltene Erden“ also seltene Metalle verwendet, für die manchmal halbe Wälder wo anders auf der Welt (z.B. in China) zerstört werden. Die Herstellung und die Verwendung der Geräte (durch downloads) produzieren auch CO2, und wenn die Geräte nicht mehr funktionieren, kommen sie dann zu Bergen von Elektromühl hinzu. Weniger Technik kaufen, die Geräte optimieren (in dem man Teile ersetzt), und recycling sind Lösungen, mit denen wir in Zukunft lernen müssen zu leben.
      Da aber heutzutage fast alle Studierenden einen Computer zum Studieren brauchen, besonders in Zeiten der Pandemie, ist es z.B. dabei wichtig, beim Kauf auf die Qualität und Langlebigkeit des Geräts zu achten, und auf seine eigene Lebensführung (also wie man mit dem Verbrauch der Technik umgeht) besser zu achten.

      Falls Du mehr zu diesem Thema lesen willst, hier befindet sich eine Zusammenfassung des Student.innenprojekts, das zu diesem Thema noch weiter läuft, und zu dem die teilnehmenden Student.innen einen Artikel mit einer Projektidee in Form einer Plattform zur weiterer Information veröffentlicht haben: https://www.kuwi.europa-uni.de/de/studium/master/es/Pensees-Francaises/Projekt-Digitale-Utopie/index.html

Kommentare